Erste Hilfe nach Vergewaltigung – Informationen für Angehörige
Eine Frau* in Ihrem näheren Umfeld hat sexualisierte Gewalt erlebt und Sie möchten helfen? Das können Sie jetzt tun!
Checkliste für die „Erste Hilfe“ als angehörige Person
Wir möchten darauf hinweisen, dass sexualisierte Gewalt und die Folgen sehr individuell erlebt und verarbeitet werden. Es handelt sich bei dieser Checkliste um Handlungsempfehlungen. Bitte achten Sie immer darauf, was die Betroffene zu welchem Zeitpunkt benötigt, fragen Sie nach und achten Sie zu jeder Zeit gut auf sich selbst. Wenden Sie sich an unser Beratungstelefon, wenn Sie sich unsicher sind, wie Sie am besten unterstützen können oder Sie sich stark belastet fühlen.
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Das Wichtigste zuerst: Durchatmen und Ruhe bewahren.
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Hören Sie ihr zu.
Um Betroffene von sexualisierter Gewalt besser verstehen zu lernen, ist es wichtig und hilfreich zu wissen, dass ein Mensch nach einer Vergewaltigung in einem psychischen Ausnahmezustand sein kann.Jede Frau* reagiert anders nach einem Übergriff. Es gibt keine allgemein gültige Reaktion. Jedes Verhalten und jedes Gefühl der Frau* ist richtig und „normal“ angesichts dessen, was sie erlebt hat.
Jede Betroffene kann abhängig von den Umständen und dem Ausmaß der Gewalt sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben. Fragen Sie am besten die Frau* selbst, was Sie braucht.
- 3Glauben Sie ihr.
Sexualisierte Gewalt ist eine massive Grenzüberschreitung, oftmals mit Schamgefühl verbunden und es braucht Mut, darüber zu sprechen. Verständnis und Rückhalt durch Angehörige wirken stärkend. Zeigen Sie, dass Sie für die betroffene Frau* da sind, ohne sie zu verurteilen oder ihr Vorwürfe zu machen. Signalisieren Sie Gesprächsbereitschaft, hören Sie aktiv zu und geben Sie ihr den Raum, um ihre Gefühle auszudrücken. - 4
Informieren Sie sich schnellstmöglich hier über die medizinische Erstversorgung und vertrauliche Spurensicherung und geben Sie diese Informationen an die Betroffene weiter.
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Bieten Sie ihr Begleitung zu Terminen an, wenn das für Sie machbar ist (z. B. in die Klinik oder in die Beratungsstelle).
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Lassen Sie der Frau* zu jeder Zeit die volle Entscheidungsfreiheit über die nächsten Schritte und das Tempo der nächsten Schritte.
Gerade weil die Betroffene eine sehr schmerzvolle und grenzüberschreitende Erfahrung gemacht hat, ist es besonders wichtig, die Entscheidungen und Grenzen der Betroffenen zu respektieren. Sexuelle Übergriffe sind immer mit einem Kontrollverlust verbunden. Das sollte sich nicht wiederholen. Deshalb: Machen Sie nichts über den Kopf der Betroffenen hinweg und drängen Sie sie nicht, schnelle Entscheidungen zu treffen oder über das Erlebte zu sprechen. Richten Sie sich nach dem Tempo der Betroffenen und respektieren Sie ihre Bedürfnisse. - 7
Informieren sie sich über professionelle Unterstützungsangebote in Ihrer Nähe und geben Sie die Informationen an die Betroffene weiter.
Sexualisierte Gewalt kann langfristige Auswirkungen auf die betroffenen Frauen* haben. Sie können die Betroffene dazu ermutigen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, z.B. in Form einer Beratung in einer Fachberatungsstelle.Bei der Suche nach einer geeigneten Hilfe kann es für die Betroffene sehr entlastend sein, wenn Sie ihr anbieten, Sie bei der Suche und Inanspruchnahme der Hilfe zu unterstützen und zu begleiten.
Beratung und Hilfe finden Betroffene über 18 Jahre, Angehörige und professionelle Bezugspersonen bei uns. Betroffene unter 18 Jahre können sich an die Beratungsstelle IMMA wenden. Außerhalb Münchens finden Sie die geeignete Stelle zum Beispiel über die bff-Suche.
Informieren Sie sich durch geeignete Informationsmaterialien sexualisierte Gewalt und deren Auswirkungen. Es kann Ihnen und den Betroffenen dabei helfen, mögliche Veränderungen im Erleben und Verhalten der Betroffenen besser zu verstehen. Das kann sich wiederum unterstützend auf die Verarbeitung des Erlebten auswirken.
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Achten Sie zu jeder Zeit gut auf sich. Selbstfürsorge vor Fremdfürsorge!
Es ist nicht leicht, Hilfe als Angehörige*r zu leisten. Es kann sehr viel Kraft kosten. Und es kann unterschiedliche Gefühle wie Überforderung, Hilflosigkeit, Schock, Wut, Ärger, Trauer oder eigene Schuldgefühle auslösen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie auf Ihre eigenen Grenzen und Bedürfnisse achten.Wenn eine Person nicht in ihrer Kraft ist, dann kann diese Person einer anderen auf Dauer keine stabile Stütze sein. Seien Sie deshalb achtsam und liebevoll mit sich selbst. Nehmen Sie sich Zeit für sich. Tun Sie sich bewusst etwas Gutes!
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Nehmen Sie ggfs. eine Beratung für Angehörige in Anspruch bei einer Fachstelle.
Wenn Sie als angehörige Bezugsperson professionelle Unterstützung benötigen, melden Sie sich gerne bei uns unter: KontaktWir beraten Sie gerne vertraulich, kostenlos und auf Wunsch auch anonym!
Bleiben Sie mit dem Erlebten nicht allein!
Sie haben ein Recht auf Hilfe!